Bei einem Gespräch in der Rezeption des "Confort Hotel Trajan" stellte sich heraus, dass Hotelmitarbeiter Stefan Dauerkartenbesitzer der "ros-albastrilor" war, der Rot-Blauen von Steaua Bukarest, die am Mittwoch, 7. Mai um 17:00, im eigenen Stadion gegen Gloria Buzau spielten.
Der Entschluss war schnell gefasst, das Besorgen der Eintrittskarte passte in meinen Terminplan, und um vier Uhr nachmittags staute sich das Taxi mit Stefan und mir durch den wie immer chaotischen Bukarester Verkehr zu Steauas "Ghencea-Stadion" im Südwesten der Stadt.
Die Spielstätte des ehemaligen Militärklubs, der der mit Abstand erfolgreichste Verein Rumäniens ist (23 Meistertitel), ist ein reines Fußballstadion ohne Laufbahn und fasst an die 28.000 Zuschauer (nur Sitzplätze). Es weist rundherum nur einen Rang auf, wobei auch in den Kurven Sitzplätze sind. Eine überdachte Tribüne gibt es nur auf einer Längsseite. Die dort untergebrachten Logen waren an diesem Nachmittag deshalb besonders wichtig, weil deren Besucher über das Fernsehen das Parallelspiel von Tabellenführer CFR Cluj gegen Fixabsteiger "U" (Universitatii) Cluj mitverfolgen und die Fans auf den Rängen über den Spielstand informieren konnten.
Dass das Ghencea-Stadion zu einem "Hexenkessel" werden kann (siehe Eintrag bei Wikipedia), war an diesem Nachmittag nicht unbedingt zu bemerken. Nur die Nordtribüne mit dem treuesten Anhang hinter dem Tor war gut gefüllt (rechts). Dem schütterer besetzten übrigen Stadion sah man an, dass viele Fußballanhänger ihrem Team den Meistertitel nicht mehr zutrauten:
Steaua hatte in der vorletzten Runde gegen Lokalrivalen Dinamo Bukarest schlecht gespielt und 1:2 verloren; damit hatten die Rot-Blauen den Titel aus der Hand gegeben. In der "Gazeta Sporturilo" vom nächsten Tag wurde der Besuch mit 12.000 angegeben.
Nachdem mir beim Eintritt in das Stadion nicht mein Regenschirm, sondern meine Zeitung abgenommen worden war (die ich angesichts der nicht gerade sauberen Sitze gut hätte gebrauchen können), und ich meinen Platz auf der Tribüne gefunden hatte, wurde auch schon angepfiffen. Die Gegenwehr von Gloria, das noch gegen den Abstieg kämpfte (fünftletzter Tabellenrang), war anfangs durchaus engagiert. Steua kam zwar immer wieder über die Flanken nach vorne, wenn die Steua-Angreifer in eine aussichtsreiche Schussposition kamen, vernebelten sie aber. Die Steaua-Offensivabteilung, in der zwei Kolumbianer mit Nachnamen Moreno werkten, wirkte für meine Begriffe auch etwas lässig.
In der 19. Minute war es aber soweit: Pepe, einer der beiden Moreno's, konnte eine Flanke von rechts im Strafraum aufnehmen. Diese Chance ließ sich der dunkelhäutige Kolumbianer, der davor schon ein paar Mal vergeben hatte, nun nicht nehmen: Er brachte sich mit einer schönen Körpertäuschung in Schussposition und gegen seinen platzierten Schuss hatte der Buzau-Keeper keine Chance - 1:0.
Das schöne Tor riss auch mich von meinem Plastiksitz. Und als bekannt wurde, dass es bei CFR gegen "U"Cluj noch 0:0 stand, gab es nochmals Jubel: vorläufig war Steaua an der Tabellenspitze. Auch in der restlichen ersten Hälfte waren die Heimischen deutlich feldüberlegen. Gloria kam erst knapp vor der Pause zur ersten ernst zu nehmenden Torchance, es blieb aber beim 1:0.
Das schöne Tor riss auch mich von meinem Plastiksitz. Und als bekannt wurde, dass es bei CFR gegen "U"Cluj noch 0:0 stand, gab es nochmals Jubel: vorläufig war Steaua an der Tabellenspitze. Auch in der restlichen ersten Hälfte waren die Heimischen deutlich feldüberlegen. Gloria kam erst knapp vor der Pause zur ersten ernst zu nehmenden Torchance, es blieb aber beim 1:0.
In der Pause stellten sich die Zuschauer um Cola an und kauten Sonnenblumenkerne und Nüsse. Ich wechselte in der Pause (wie in den guten alten Zeiten auf der Pfarrwiese oder im Weststadion) auf die andere Seite der Tribüne und sah in der Folge noch vier Tore der Heimmannschaft gegen eine immer desolater agierende Gloria.
Das Pech dabei war nur, dass kurz vor dem 2:0 (62.) das unerfreuliche Zwischenergebnis des Parallelspiels bekannt geworden war: CFR Cluj hatte durch einen Elfmeter auf 1:0 gestellt.
Die Zuschauer standen nun immer wieder auf und drehten sich nach oben zu den Anhängern in den Logen um.
Das 2:0 für Steaua fiel durch den großgewachsenen, technisch beschlagenen Kolumbianer Dayro Moreno aus einem schnellen Gegenstoß nach einem hilflosen Gloria-Angriff: Dayro wurde auf links ideal freigespielt und traf zum 2:0 (62.). Nach einem Stangenschuss von Steaua (64.) hieß es in der 65. Minute 3:0 durch Angreifer Neaga und in der 72. Minute 4:0 durch den Peruaner Mendoza. Das schönste Tor fiel dann in der 77. Minute: Dayro traf aus kurzer Distanz mit der Ferse zum 5:0.
Da es aber in Klausenburg beim 1:0 für CFR blieb, gewann dieser Klub, der noch vor ein paar Jahren in der dritten Liga gespielt hatte, zum ersten Mal den rumänischen Meistertitel und spielt nun fix in der Champions League-Gruppenphase. In Bukarest blieb - genau 22 Jahre nach dem Sieg von Steaua im Europacup der Meister (1986 Sieg im Elfmeterschießen nach 0:0 gegen Barcelona) - ein Wunder aus: das 5:0 reichte der Mannschaft von Steaua-Legende Marius Lăcătuş, der zu Beginn dieser Saison dem bekanntesten rumänischen Kicker Gheorghe Hagi als Trainer nachgefolgt war, nur zum zweiten Platz. Das bedeutet, dass Steaua in der dritten Qualifikationsrunde in die CL einsteigt.
In den abendlichen Fernsehnachrichten wurden leider nicht nur die Tore und der Jubel bei CFR Cluj gezeigt, sondern es musste auch von Ausschreitungen von Anhängern des Absteigers "U" Cluj und der Einleitung von behördlichen Untersuchungen gegen Spieler dieser Mannschaft berichtet werden. Ihnen sollen vom Vereinspräsidenten von Steaua Gigi Becali 1,7 Millionen Euro für einen Erfolg gegen CFR zugesichert worden sein (wenn ich das richtig verstanden habe). Steaua könnten von der Liga nun strafweise 9 Punkte abgezogen werden! (Was am 2. Tabellenplatz aber nichts ändern würde.) Die Gazeta Sporturilo berichtete am nächsten Tag ausführlich darüber und lieferte damit einen weiteren Beweis für die immer wieder beklagte Korruption im rumänischen Fußball (siehe Artikel in der Welt).
In der CL-Qualifkation ist Steaua ein möglicher Gegner von Rapid Wien, falls die Wiener die zweite Quali-Runde überstehen (Bild links anklicken: neben Steaua-Kapitän Radoi werden die Vereine genannt, die in der 3. Runde im Gegensatz zu Steaua sicher nicht gesetzt sein werden).
Rumänische Meisterschaft, Endstand und Ergebnisse der letzten Runde:
Bild unten anklicken!
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