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RAPIDHAMMER: "Perspektiven" im Ernst Happel Stadion

Tuesday 2 October 2007

"Perspektiven" im Ernst Happel Stadion

Die Österreichische Volkspartei wählte gestern den VIP-Klub des Wiener Ernst Happel-Stadions für die Präsentation ihrer "Perspektiven 2010". Nach der Wahlniederlage von Kanzler Wolfgang Schüssel bei den Nationalratswahlen vor einem Jahr war Umweltminister Josef Pröll vom ÖVP-Parteivorstand beauftragt worden, neue Perspektiven für die VP als moderne konservative Volkspartei zu entwickeln. An dem offenen Diskussionsprozess, an dem sich keineswegs nur Parteimitglieder beteiligen konnten, nahmen 10.000 Personen aktiv teil und es gab 1,000.000 Internetzugriffe auf die Website http://www.perspektiven2010.at/ (2010 ist der Termin der nächsten Nationalratswahlen).
Der Endbericht über die Ergebnisse der 16 Arbeitsgruppen wurde bei der Veranstaltung im Wiener Stadion am Montag von Josef Pröll an Parteiobmann Vizekanzler Wilhelm Molterer übergeben.
"Wir wollen Politik näher an die Lebenswelten der Menschen heranbringen", gab Pröll als Motto aus, betonte aber gleichzeitig, dass die "Perspektiven" auf der "Wertebasis" der ÖVP als christdemokratischer Partei fußten. Es handle sich bei den nun präsentierten Ergebnissen um Vorschläge, nicht um fertige Gesetzesentwürfe. Die Partei könnte auch sagen, dass es für manches noch zu früh sei, meinte Pröll.
Das war aber Vizekanzler Wilhelm Molterer offenbar zuwenig an politischer Ansage. Er betonte, dass die von der "Perspektivengruppe" gelieferten Ergebnisse einen "Umsetzungsauftrag" für die ÖVP darstellten. Ausdrücklich nannte er die Eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare, für die es bald einen Gesetzesentwurf der VP geben werde. Offenbar nur zur Beruhigung für jene, die mit der "Homo-Ehe" am Standesamt nicht glücklich sein werden, meinte Molterer auch, dass die Ergebnisse der "Perspektivengruppe" ein "unteilbarer Umsetzungsauftrag" seien: nicht nur a) die Eingetragene Partnerschaft, sondern b) auch steuerliche Vorteile für Familien mit Kindern ("Familiensplitting") sollen kommen. Ein Pech nur, dass bei a) der Koalitionspartner SPÖ sofort begeistert mittut, während die längst fälligen steuerlichen Erleichterungen für Eltern mit Kindern den Sozialdemokraten überhaupt nicht in den Kram passen dürften.
Ich bin mit der Eingetragenen Partnerschaft am Standesamt nicht glücklich, weil der Unterschied zur Ehe (nach § 44 ABGB eine Gemeinschaft von "zwei Personen verschiedenen Geschlechtes") verwischt wird. Die in bestimmten Bereichen notwendige Gleichstellung homosexueller mit heterosexuellen Lebensgemeinschaften könnte auch auf anderem Weg erfolgen.
Die ÖVP hat mit den in den Perspektiven - neben anderen wichtigen Themen wie Integration, Bildung, Umwelt, Wirtschaft und Arbeit - angesprochenen Zielen der Schaffung einer kinderfreundlichen Atmosphäre in der Gesellschaft, der steuerlichen Entlastung von Familien und der Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten auch starke Signale in Richtung "Familie" gesetzt. Das erste Ziel, das konkret umgesetzt werden soll, ist aber die "eingetragene Partnerschaft" - ein Signal genau in die gegenteilige Richtung. Offenbar ist der Partei der "Zeitgeist" und die zu erwartende "gute Presse" mehr wert als die gestern mehrmals betonte "christdemokratische Wertebasis".
Ich bin gespannt, ob es bei der Förderung der Familien und der Stärkung des "Mutes zum Kind" demnächst auch konkrete Umsetzungsschritte geben wird. Man wird Herrn Vizekanzler Molterer daran erinnern müssen, dass er von einem "ungeteilten Umsetzungsauftrag" gesprochen hat. Oder waren die Familienthemen nicht mehr als eine Beruhigungspille, um den Meinungsschwenk der ÖVP bei der standesamtlich "eingetragenen Partnerschaft" erträglicher zu machen?

1 comment:

Anonymous said...

Kinder? Brauchmanet!
Kommentar von Andreas Unterberger, Wiener Zeitung, 2.10.2007, zum ÖVP-Perspektiven-Bericht:

Schwule ja, Familien nein: Gemäß dieser Formel werden die ÖVP-Perspektiven wohl nur sehr teilweise gesetzliche Realität werden. Denn die ÖVP hat die SPÖ zum Herrn des Geschehens gemacht, die sich nun herausholen kann, was ihr gefällt. Der Rest wird in den Schränken der ÖVP vermodern. Und die FPÖ kann ihr einen Linksruck vorwerfen.
Neben den Vorurteilen der Sozialdemokraten gibt es gegen die kinderfreundliche Idee des Familiensplittings – also gegen die Festsetzung des Steuersatzes je nach Zahl der Menschen, die von einem Einkommen leben müssen – freilich auch ernsthafte Einwände: Dieses würde primär Gutverdienenden zugute kommen und den Anreiz für Frauen, arbeiten zu gehen, reduzieren.

Beide Argumente sind richtig, aber nicht stichhaltig. Denn erstens haben die Besserverdienenden einen Wiedergutmachungsanspruch. Sie müssen noch immer von jedem dazuverdienten Euro die Hälfte abliefern. Sie waren die großen Opfer der letzten Steuerreform, die nur den Kleinverdienern und den Kapitalgesellschaften etwas gebracht hat.

Zweitens zeigt sich gerade bei den Besserverdienenden eine zunehmende Kinderabstinenz; schon mehr als 40 Prozent der Akademikerinnen sind kinderlos. Und drittens geht es beim Splitting ja nur um die Beseitigung eines Unrechts. Denn niemand kann es als gerecht empfinden, dass eine vierköpfige Familie mit 4000 Euro Monatseinkommen, in der nur einer verdient, viel mehr Steuern zahlt als eine genauso große Familie mit genau dem gleichen Einkommen, das jedoch von zwei Familienmitgliedern erarbeitet wird.

Bleibt freilich der durchaus ernst zu nehmende Einwand, dass das Splitting einiges kostet. Völlig unglaubwürdig sind aber alle jene Bedenkenträger, die gleichzeitig nichts dabei finden, dass homosexuellen Paaren jetzt auf Kosten der Allgemeinheit gratis eine Witwer/Witwen-Rente sowie eine begünstigte Mitversicherung bei der Krankenversicherung samt etlichen Begünstigungen etwa im Mietrecht zugebilligt werden sollen.

Eine solche Reform würde im Übrigen noch eine weitere Skurrilität bewirken: Um an all diese Vorteile heranzukommen, wird es – als Antithese zur einstigen Diskriminierung? – attraktiv werden, sich als schwul auszugeben. Auch wenn man es gar nicht ist.