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RAPIDHAMMER: Steirertor an der Stamford Bridge

Thursday 25 October 2007

Steirertor an der Stamford Bridge

Der FC Chelsea schlug Mittwoch Abend Schalke 04 im Champions League-Spiel der Gruppe B mit 2:0 (1:0). Der erste Treffer durch Malouda fiel schon in der 4. Minute und war ein klassisches "Steirertor" - der Ball ging durch die Beine des jungen Schalke-Keepers Manuel Neuer ins Netz. Ein Foto des Tormanns von dieser entscheidenden Szene konnte ich bisher nirgends finden. Es gibt zwar Fotos des Schützen wie auch des traurig auf dem Boden liegenden 21-jährigen Schalke-Goalies, der schon am Wochenende gegen Hansa Rostock (1:1) mit einem Auswurf zum Gegner gepatzt hatte. Der Moment aber, in dem der Ball zwischen den Beinen des jungen Keepers durchrutscht, wurde anscheinend nirgends in einem Standbild festgehalten.

Warum eigentlich nennt man die dümmsten aller Tore, die man als Keeper bekommen kann, in Österreich "Steirertor"?
(Bild links: Das Steirertor in Radstadt [Salzburg])
Die Antwort geht zurück auf den österreichischen Fußball der Zwanziger- und Dreißigerjahre - die Zeit des österreichischen "Wunderteams" (rechts).

Rudi Hiden, der 1909 in Graz geborene spätere Tormann jener großen österreichischen Nationalmannschaft, die am 16. Mai 1931 Schottland in Wien 5:0 schlug und damit eine beeindruckende Siegesserie startete (5:0 und 6:0 gegen Deutschland, 8:1 gegen die Schweiz, 2:1 gegen Italien, 8:2 gegen Ungarn, 6:1 gegen Belgien und 4:0 gegen Frankreich), kam schon als 18-Jähriger vom Grazer AK zum damaligen Wiener Spitzenklub WAC.
Der Einstand des Keepers in der Wiener Mannschaft verlief nicht nach Wunsch: Als Rudi Hiden 1927 bei seinem ersten Spiel für den WAC einen haltbaren Schuss eines nicht mehr namentlich bekannten Gegenspielers passieren ließ, ätzte sein Vordermann und Verteidiger Karl Sesta: "So a Türl kann a nur a Steirer kriegen" ("So ein Tor kann nur ein Steirer bekommen"). Das Steirertor war geboren.
Das tat der Karriere des jungen Spielers jedoch keinen Abbruch. Nach Erfolgen mit dem WAC wurde Hiden in die Nationalmannschaft berufen. Bei seinem dritten Länderspiel am 23. März 1930 gelang Österreich gegen England in Wien ein 0:0, wobei Hiden mit unglaublichen Paraden die sturmstarken Engländer zur Verzweiflung brachte. Gleich nach dem Spiel erhielt er Angebote von englischen Klubs und unterschrieb noch im selben Jahr einen Vertrag bei Arsenal. Als ausländischer Fußballprofi brauchte er aber eine Arbeitsbewilligung, deren Vergabe in England damals sehr restiktiv gehandhabt wurde. Da der österreichische Teamtorhüter diese Arbeitsbewilligung nicht bekam, war schließlich erst 1997 Alexander Manninger der erste Österreicher in der englischen ersten Liga (bei Arsenal!).

Rudi Hiden hütete auch im historischen Spiel Österreichs gegen England am 7. Dezember 1932 das österreichische Tor, konnte jedoch trotz Glanzleistungen die knappe 3:4-Niederlage des Wunderteams nicht verhindern. Das Spiel, das vor 70.000 Zuschauern an der Stamford Bridge - dem Schauplatz auch des gestrigen "Steirertors" - ausgetragen wurde, ging als die glorreichste Niederlage Österreichs in die Fußballgeschichte ein. Nach einer schwachen ersten Halbzeit, in der die Österreicher allzu viel Respekt vor dem Gegner gezeigt hatten, konnte das österreichische Team die Engländer mit Toren von Zischek, Sindelar und Schall noch in ärgste Bedrängnis bringen.

Rudolf Hiden wechselte schließlich nach Frankreich zu Racing Club de Paris, wo er 1936 sowohl französischer Meister als auch Pokalsieger werden konnte. Hiden, der bereits 1937 französischer Staatsbürger wurde und sich seitdem Rodolphe nannte, kam am 18. Januar 1940 sogar zu einer Teamberufung für die Équipe Tricolore. Im Pariser Prinzenparkstadion gewann der mittlerweile 31-jährige, aber noch immer sprunggewaltige Torhüter mit der französischen Nationalmannschaft gegen Portugal mit 3:2.
Mit Racing Paris feierte Hiden noch zwei französische Cupsiege.
Als Trainer war Hiden hingegen nur mäßig erfolgreich. Er versuchte sich auch als Cafetier in Paris und als Hotelbesitzer am Wörthersee. An seine Erfolge als Fußballer konnte er aber im Geschäftsleben nicht anschließen.
Der Tormann, der den Prototyp des "Steirertores" hinnehmen hat müssen, starb 1973 in Wien.

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