Nick Hornby, der "Doyen" der Fußballfans war in Wien. Der KURIER berichtete über Hornbys Lesung im Literaturcafé während der Österreichischen Buchwoche am Sonntag und brachte ein Interview mit dem Autor (Printausgabe). Mehr als 250 Fans waren ins Wiener Rathaus gepilgert, um Nick Hornby, den Autor von "Fever Pitch", das von der Stadt Wien heuer 100.000mal als Gratisbuch verteilt wurde, bei seiner einzigen öffentlich zugänglichen Lesung in Wien zu sehen.
Über Glück und Leiden eines Fußball-Fans sagte der Autor von Fever Pitch:
"Wenn du Musik hörst, die dir nicht gefällt, hörst du sie dir einfach nicht mehr an. Aber wenn dein Fußballklub schlecht spielt, dann ist er immer noch dein Klub."
Den Unterschied zwischen Fußball-Fan und Musik- oder Literaturliebhabern erläuterte Hornby so:
"Die seltsame Sache beim Fußball ist", meinte er im Interview, "dass es dir mehr Enttäuschung und Elend bringt als alles andere. Musik oder Literatur sollen Freude bereiten, und wenn du das, was dein Lieblingsschriftsteller geschrieben hat, nicht magst, liest du es einfach nicht. Wenn mein Lieblingskünstler fünf schlechte Alben hintereinander aufnimmt, ist er nicht mehr mein Lieblingskünstler. Wenn mein Fußballteam fünf Matches hintereinander verliert, kann ich nichts tun - ich muss auch noch das sechste sehen."
Und wie wird man ein Fußball-Fan?
Er denke nicht, dass es etwas Angeborenes sei, meinte Hornby, die Leidenschaft für den Fußball ergebe sich "aus einer Kombination von Lebensumständen". Viel habe mit der Beziehung zu Familienmitgliedern zu tun, vor allem mit Vätern: "Wenn der Vater da ist, wird die Begeisterung von Vater zu Sohn weitergegeben, wenn er nicht da ist, ist das Fantum eine Art das zu kompensieren", sagte der mittlerweile 50-jährige Autor, der selbst Vater von drei Kindern ist.
In einem Standard-Interview sprach Hornby über seine Beziehung zum FC Arsenal von heute:
"Ich bin nicht mehr so besessen wie früher. Seit dem Erscheinen des Buchs [vor 15 Jahren] bin ich dreimal Vater geworden, und Kinder können die Energie, die einer für Fußball aufbringt, schon beeinflussen. Auch hat sich Arsenal stark verändert. Sie feiern keine hässlichen Siege mehr. Wahrscheinlich spielen sie den besten Fußball in Europa, und skurrilerweise wirkt das auf mich eher distanzierend. Ich liebe es, ihnen zuzusehen, aber es ist, als würde ich ins Kino gehen. Und es ist so furchtbar gemütlich im Stadion. Aber ich habe noch immer ein Abo, und ich habe in den letzten zehn Jahren maximal zehn Heimspiele verpasst."
Auch Hornbys Frau hat übrigens ein Arsenal-Abo. Wenn sich kein Sitter für die Kinder findet, muss sie aber daheim bleiben. "Da muss ich wirklich darauf pochen, dass ich die älteren Rechte habe. Ich gehe seit vierzig Jahren ins Arsenal-Stadion," so der Autor.
Warum England den Hooliganismus im Gegensatz zu Italien in den Griff bekommen hat, begründete Hornby so:
"Da waren einige Faktoren mit im Spiel. Die Polizei hat mehr Befugnisse bekommen, in den Stadien gibt es nur noch Sitzplätze. Und vor allem: das Fußball-Publikum ist alt, in meinem Alter. Jugendliche können sich die Tickets nicht leisten, und 40- bis 50-jährige Männer fighten nicht so viel. Die Jungen haben eine ganz neue Beziehung zum Fußball. Die sind zweimal pro Jahr im Stadion, den Rest sehen sie sich im TV an."
Die Frage, ob er ein Fan des englischen Nationalteams sei, verneinte Hornby:
"Bin ich wirklich nicht. Das liegt nicht nur daran, dass bei Arsenal kaum ein Engländer spielt. Ich glaube, Länderspiele sind ziemlich sinnlos geworden. Die Idee dahinter war, dass Nationalmannschaften 'Dream Teams' sein sollten, stärker als jeder Klub. Jetzt sind die 'Dream Teams' natürlich längst in Barcelona, Madrid und Manchester daheim, und sie sind viel stärker, als ein Nationalteam je sein könnte.
"Ich bin mir auch nicht sicher, ob Länderspiele von großen Spielern überhaupt noch ernst genommen werden. Bei den Engländern hab' ich immer das Gefühl, sie spielen bei ihren Klubs besser als im Team."
Beim Ländermatch gegen England am Freitag, habe er übrigens eher den Österreichern die Daumen gehalten, meinte Hornby, schließlich habe da - im Gegensatz zu England - wenigstens ein Spieler mit Bezug zu Arsenal gespielt: Österreichs Torhüter Alexander Manninger.
Tuesday, 20 November 2007
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