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RAPIDHAMMER: Ominöser Artikel 17 soll geändert werden

Friday, 8 February 2008

Ominöser Artikel 17 soll geändert werden

Spieler zum Schnäppchenpreis - oder doch nicht?

Vor einer Woche machten fast alle Sportseiten mit einem Urteil des CAS vom 30. Jänner 2008 auf. Mit dieser Entscheidung wurde ein Rechtsstreit um den vorzeitigen Wechsel des schottischen Internationalen Andrew Webster (rechts) von seinem früheren Klub Heart of Midlothian (Schottland) zum englischen Premier League-Klub Wigan entschieden. Webster hatte vor dem Ende der Laufzeit seines auf vier Jahre abgeschlossenen Vertrages eine einseitige Auflösung dieses Vertrages ausgesprochen, um von Heart of Midlothian zu Wigan wechseln zu können.
Die drei Schiedsrichter des Genfer Sportgerichtshofes - Quentin Byrne-Sutton (Schweizer Rechtsanwalt), Jean-Jacques Bertrand (französischer Rechtsanwalt) und Hon. Michael Beloff (Barrister aus London) - hatten die Frage zu klären, welche Schadenersatz- bzw. Ablösesumme dem Verein für diesen offensichtlichen Vertragsbruch des Spielers zustand.
Die in erster Instanz zuständige FIFA-Schlichtungsstelle (DRC/Dispute Resolution Council) hatte dem Klub eine Summe von 625.000 Pfund zugesprochen, zahlbar von Webster und Wigan zu ungeteilten Handen, und den Spieler für zwei Wochen gesperrt. Den Hearts war das zuwenig, der Gegenseite zu viel. Also wurde der Court of Arbitration for Sport (CAS) in Genf angerufen.
Dieser hatte den Artikel 17 des FIFA Regulativs auszulegen. Diese Bestimmung regelt die Konsequenzen einer vorzeitigen grundlosen Vertragsbeendigung.

Auslegung des Artikels 17 durch den CAS
Nach dem FIFA Status Regulativ kann ein Profi bei einem Wechsel ins Ausland seinen Kontrakt nach einer geschützten Laufzeit von drei (bis zum 28. Lebensjahr) oder zwei Jahren (nach dem 28. Lebensjahr) einseitig auflösen. Der vertragsbrüchige Vertragsteil muss der anderen Seite Schadenersatz leisten, für dessen Berechnung der ominöse Artikel 17 ein ganzes Bukett von Kriterien anführt.
Es sei das Recht des betroffenen Landes zu beachten, aber auch die Besonderheiten des Sports und "andere objektive Kriterien". Diese sonstigen Kriterien sind insbesondere das Einkommen des Spielers aufgrund des bisherigen Vertrages und/oder des neuen Vertrages, die verbleibende Vertragslaufzeit (bis maximal fünf Jahre), die Zahlungen, die der frühere Klub seinerzeit für den Spieler ausgelegt hat, und der Umstand, ob der Vertragsbruch innerhalb oder außerhalb der "geschützten Laufzeit" erfolgte.
Der Spieler und Wigan argumentierten schließlich vor dem CAS erfolgreich, dass dem Arbeitgeber bei einer vorzeitigen Vertragsauflösung nach drei Jahren zwecks Wechsel ins Ausland nur das ausstehende Gehalt für die Restlaufzeit des Vertrags als Ablösesumme zustehe. Die in der Entscheidung der FIFA-Schlichtungsstelle festgelegte höhere Ersatzsumme sei nicht zu bezahlen.
Hervorzuheben ist, dass die Entscheidung nur für Wechsel ins Ausland gilt und nur dann, wenn im Vertrag mit dem Spieler keine ausdrückliche Regelung über die bei Vertragsbruch zu leistende Vertragsstrafe enthalten ist. Interessant ist, dass der CAS aus den in Art. 17 angeführten Bemessungskriterien nur eines - das Gehalt des Spielers aus dem laufenden Vertrag - herangezogen hat.
Ein Wechsel von Spielern vor dem Ende ihres Vertrages wird auf diese Weise erheblich erleichtert, weil die vom Spieler zu leistende Summe, für die auch sein neuer Verein haftet, in der Regel weit niedriger liegt als die vom Klub geforderte Ablösesumme. "Spieler zum Schnäppchenpreis" lautete daher die häufigste Schlagzeilen der Sportzeitungen am vorigen Wochenende.
Link zur Original-Entscheidung hier.

"Der Entscheid des CAS schadet dem Fußball. Er ist ein Pyrrhussieg für die Spieler und Spielervermittler, die mit einer vorzeitigen Vertragsauflösung liebäugeln", erklärte damals FIFA-Präsident Joseph Blatter. "Mit diesem unglücklichen Entscheid wurde der Grundsatz der Vertragsstabilität hinter die kurzfristigen Interessen des betroffenen Spielers gestellt."

Artikel 17 soll geändert werden
Die FIFA hat nun erwartungsgemäß eine Änderung des Artikel 17 angekündigt.
Die FIFA hat den Klubs am Donnerstag bei einem Treffen in ihrem Hauptquartier in Zürich zugesagt, gemeinsam an einer Änderung des Artikels zu arbeiten. Zudem hat der Weltverband beschlossen, ihre Klub-Arbeitsgruppe zur "ständigen FIFA-Klubkommission" aufzuwerten. Die neue Kommission soll gewährleisten, dass der Klubfußball stärker in die Entscheidungsfindungsprozesse der FIFA eingebunden wird, heißt es in einer Mitteilung des Verbandes.
Das Versprechen, Artikel 17 ("Fall Webster") zu modifizieren, wurde von Klubvertretern mit Erleichterung aufgenommen.
"Ich bin nach dieser Sitzung wesentlich beruhigter", sagte etwa Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender von Bayern München: "Ich glaube, es wird kein zweiter Fall Bosman auf den Klubfußball zukommen."
Die FIFA und die Klubs wollen "einen Wechsel- und Kündigungswahn der Spieler" mit der Neugestaltung der bisherigen Regelung vermeiden, ergänzte Rummenigge. "Durch intelligente Manöver und geschickte juristische Formulierungen" könne man aber bereits gewährleisten, "dass die Dinge nicht total in Frage gestellt werden". Klubs könnten etwa in künftige Verträge eine Klausel einbauen, "die beiden Vertragsparteien im Falle einer einseitigen Kündigung nicht nur das Restgehalt, sondern auch eine Strafe in Form des zwei- oder dreifachen Gehaltes zuspricht", sagte Rummenigge. Zudem könne man Treue der Spieler bei langfristigen Verträgen belohnen, indem ab einem gewissen Zeitpunkt mehr bezahlt wird. Von einem "Gentlemen's Agreement", das verhindern soll, dass der Artikel angewendet wird, rät Rummenigge "dringend ab. Das käme einem Kartell zu Lasten der Spieler gleich - und wäre weltweit nicht durchsetzbar." Der Ex-Profi ist überzeugt, dass es zu einer Einigung kommt, weil auch der Spielervereinigung FIFPRO "nicht daran gelegen sein kann, dass es hier zu großen Irritationen kommt".

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